Seit einigen Jahren gewinnt Influencer-Marketing für Unternehmen immer weiter an Bedeutung. Eine der wichtigsten Plattformen ist hier Instagram. Die Reichweiten, die viele Creators auf Instagram erreichen können, sind für verschiedene Werbepartner attraktiv. Jedoch ist die Werbung via Creators/Influencer auf Instagram mit gewissen Risiken verbunden. Viele Influencer „schummeln“ bei der Anzahl der Follower und das nicht nur bei Instagram. Auf dem Markt kann man nicht nur Follower kaufen, sondern auch Views der Stories oder Reels weswegen die Indentfizierzung von fake Followern und fake Reichweite nicht unbedingt trivial ist.
Vor 2018 waren laut Analysten 50% der als Werbung markierten Influencerbeiträge fake:
„A single day’s worth of posts tagged #sponsored or #ad on Instagram contained over 50 percent fake engagements, according to data from anti-fraud company Sway Ops. Out of 118,007 comments, only 20,942 were not made by bot followers.“
schreibt Shareen Pathak für Digiday UK.
Seidem versucht Instagram fake Follower Anbieter aktiv zu bekämpfen. Zum Teil ist es gelungen. Allerdings ist das Problem nicht vollständig verschwunden, da auch die fake Follower Anbieterinnen und ihre Kundschaft nachgerustet haben:
„Data collected by Statista concluded that in 2021, approximately 49% of Instagram influencers participated in follower fraud.“
Forbes
Es gibt viele Methoden um die Followerzahlen, Engagement oder Kommentare bei Instagram und anderen Social Media Plattformen zu verfälschen. Die Methoden der Verfälschung verändern sich dabei sehr schnell und passen sich den neuen Bedingungen auf den Plattformen stets an. Damit ist es schwierig für Unternehmen zu erkennen, wer seine Reichweite organisch aufgebaut hat und wer mit unlauteren Methoden arbeitet.
In diesem Beitrag werde ich konkrete und kostenlose Methoden auflisten, mit denen fake Influencer auf Instagram recht gut zu identifizieren sind.
Die üblicherweise aufgelisteten Merkmale wie Engagementrate, die Zahl der Likes im Verhältnis zu den Followern oderdie Zahl der Kommentare sind kein ausreichender Indikator mehr, denn man kann sie für wenige Euro kaufen.
Wie lassen sich also die Bots und Fake Follower am besten identifizieren?
Hier präsentiere ich einige Anhaltspunkte, die auf Unregelmäßigkeiten bei einem Account deuten. Eine Unregelmäßigkeit an sich muss noch kein Fake bedeuten aber eine Häufung der Signale sollte schon ein Alarmsignal sein, dass ein Influencer womöglich mit fake Follower auf Instagram arbeitet.
1. Die stufenweise Gewinnung der Follower bei Fake-Influencer ist kein Indikator mehr
Früher waren Fake-Influencer relativ gut anhand der Followerstatistiken, die zum Teil kostenfrei bei Socialblade einsehbar sind, erkennbar. Accounts, die fake Follower gekauft haben, zeigten in ihrem Followerwachstum die sogenannten Treppenlinien.
Dies bedeutete meistens, dass der Influencer Follower gekauft hat und sie jetzt nach und nach dem Profil hinzugefügt werden. Allerdings wird diese Methode bei Fakes immer seltener praktiziert. Die Fake-Follower Anbieter sind „professioneller“ geworden und bieten jetzt einen gleichmäßigen Followerzukauf, der einer gleichmäßigeren Linie nach oben ähnlelt. Aus diesem Grund verliert diese Visualisierung ihre Aussagekraft für die Entdeckung der Fakes.
2. Unregelmäßiger Followerverlust
Weiter ist es möglich, dass nach einem Followerkauf diese trotzdem dem Influencer-Account nach und nach entfolgen. Es kann auch Instagram selbst sein, welches die inaktiven Accounts löscht. Dies lässt sich auch kostenfrei via Social Blade überprüfen. Seit einiger Zeit verlangt Social Blade eine Anmeldung, um diese Statistiken zu sehen.
3. Botmäßiges Verhalten der Influencer selbst
Auf Instagram ist die Follow/Unfollow Praxis sehr populär. Dies bedeutet, dass Accounts Bots dazu nutzen, tausenden Menschen auf einmal zu folgen, um sie dann nach ein paar Tagen wieder zu entfolgen. Sie hoffen, dass die Menschen sie zurückfolgen und als Follower erhalten bleiben.
Diese Praxis ist tatschlich meistens anhand solchen Treppenlinien oder großen Veränderungen in den Followerzahlen über die Zeit bemerkbar. Wenn zum Beispiel die Zahl der vom Influencer gefolgten Accounts sehr stark schwankt, ist es meistens ein Anzeichen für einen Boteinsatz auf der Seite der Influencerin. Seitdem Instagram die Follow/Unfollow Botnutzung bekämpft, wird diese Methode seltener praktiziert.
4. Verhältnis Follower/Follow (Abos)
Auf das botartige Verhalten könnte auch das Verhältnis zwischen Follower und gefolgten Accounts hinweisen. Wenn eine Influencerin 30.000 Menschen folgt und selbst 20.000 Follower hat, kann sein, dass mit ihrem Account etwas nicht stimmt. Offensichtliche Möglichkeit ist, dass so ein Account einen Follow/Unfollow Bot nutzt. Es ist eine Methode, um eine große Anzahl an Followern zu generieren, indem man massenweise Accounts folgt, um dann sie zu entfolgen. Dieses Verfahren kann auch per Bot automatisiert werden. Hier hat Instagram allerdings viele dieser Bots gesperrt. Trotzdem bleibt weiterhin u.a. die Möglichkeit es manuell durchzuführen.
5. Followeranalyse auf Fakes – Apps
Im Internet gibt es einige Firmen, die kostenlose Followeranalyse von Influencern anbieten. Die meisten fangen bei Accounts ab einer größeren Anzahl von Followern an.
Eine solche App, die man kostenfrei ausprobieren kann, bietet Modash hier an. Es ist allerdings schwer zu beurteilen, inwieweit die ermittelten Fake Follower Zahlen zuverlässig sind.
Eine weitere Anwendung ist HypeAuditor. Man kann die App kostenfrei ausprobieren. Sie ermittelt die Interaktionsrate der Follower. Wenn die Interaktionsrate gering ausfällt, könnte es auf einen Zukauf von Followern deuten.
5. Gleichmäßige Entwicklung auf allen Plattformen
Ein weiteres Merkmal für die Echtheit ist die Nutzung mehreren Plattformen durch den Influencer. Zwar gibt es Influencer, die tatsächlich nur auf Instagram unterwegs sind. Die meisten haben aber mindestens Webseiten und sind auch auf anderen Social Media Plattformen unterwegs. Wenn die Statistiken von Webseiten und anderen Social Media Platformen sehr divergieren, könnte es auch ein Zeichen für unlautere Praktiken sein.
6. Wo wohnen die Follower?
Falls Sie sich entscheiden mit einem Influencer zusammenzuarbeiten, ist die einfachste Form der Analyse den Influencer um einen Screenshot der Länder und Wohnorte, aus denen die meisten seiner Follower kommen, zu bitten.
Auf diese Art und Weise kann die Zielgruppe recht zuverlässig ermittelt werden. Auch können Massenhäufungen von Followern in Ländern, die mit dem Influencer wenig zu tun haben, oder nicht seine Sprache sprechen, ein Indiz für die Nutzung von Botfarmen sein. Wenn die Herkunft der Follower nicht mit der Herkunft ihrer Kunden übereinstimmt, hat es auch keinen Sinn mit dem Influencer zusammenzuarbeiten.
7. Interaktionsrate / Views / Kommentare
Die bereits erwähnte Interaktionsrate könnte uns auch Hinweise geben. Vom Prinzip ist es möglich, sich neben den Followern auch die Interaktionsrate dazu zu kaufen. Man kauft dann auf Instagram auch die Views für Stories und Reels. Das kann aber langfristig teuer werden und endet in einem Teufelskreis: man muss ständig finanziell nachzahlen um die Zahl der Views konstant oder höher zu halten.
Die Zahl der Views im Verhältniss zu den Followern bleibt deshalb ein wichtiger Indikator. Im Fall von Reels sind die Views auch öffentlich einsehbar. Man muss aber im Auge behalten, dass sie auch käuflich sind und dass manche Reels viral gehen können. Wenn ein Reel viel Sichtbarkeit erzeugt, bedeutet es oft, dass es viral gegangen ist.
Wenn eine Influecerin eine große Followerschaft aufbaut, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie keine Kommentare unter ihren Posts bekommt. Ähnlich wichtig ist es aber, um was für Kommentare sich dabei handelt. Wenn die Kommentare generisch (und Englisch trotz deutschsprachigen Profils) sind, wie „nice post!“ , „great!“, könnte es sich dabei auch um gekaufte Kommetare handeln.
Wenn ein Influecer viele Likes hat aber keine Kommentare, dann ist es auch ein Alarmsignal, dass mit seinem Profil womöglich etwas nicht stimmt.
8. Engagement Gruppe
Diese Strategie ist sehr schwer zu entdecken. Viele Instagramerinnen verabreden sich in Chats und interagieren gegenseitig miteinander, um das Engagement zu pushen. Wenn es immer die gleichen Leute sind, die unter einem Account kommentieren, ist es auch ein starkes Zeichen, welches auf eine Engagement Gruppe hinweist.
Zusammenfassung
Influencer-Marketing ist ein Wachstumsmarkt, von dem Unternehmen mit Sicherheit stark profitieren können – durch den Aufbau eigener Social Media Präsenzen sowie durch die Zusammenarbeit und Vernetzung mit den Influencern.
Allerdings, da sich der Markt hier in einer starken Wachstumsphase befindet, herrschen vielerorts Wild West BBedingungen, wo auch die schwarzen Schafe der Branche profitieren können. Es werden noch einige Jahre vergehen, bis die Bedingungen sich stabilisieren werden. Eine sehr gute Zusammenfassung der Probleme der Szene hat Rand Fishkin in einem seiner Blogartikel beschreiben.
Die Probleme mit der Erkennung von Bots liegen auch an der Tatsache, dass Facebook als Plattform sparsamer mit seinen Daten umgeht als zum Beispiel Twitter. Die Webentwickler haben einen besseren Zugang zu den Daten auf Twitter als auf Instagram.
Es ist wichtig die oben genannten Hinweise als eine Gesamtheit zu verstehen. Ein Hinweis alleine muss nicht unbedingt auf unlautere Praktiken hindeuten. Es gibt beispielsweise Influencer, dienur auf einer Social Media Plattform aktiv sind, aber Accounts auch auf anderen Plattformen haben. Solche Influecer könnten duchaus wenige Follower auf anderen Plattformen haben.
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